Qualität–ein Rückblick

Eigentlich wäre dieser Beitrag auch prima in der Rubrik “Retrograd” platziert, was ich hiermit auch getan hab.

Worum geht es?

Die tage hatte ich auf Twitter mal ganz kurz angerissen, am Beispiel von Kokosmilch, wie sich für ein paar Cent die Qualität eines Produktes erheblich Unterscheidet. Es ging um Kokosmilch aus dem Discounter und einer aus einem Spezialitätenregal in einem Lebensmittelmarkt.
Der Preisunterschied war gerade mal 50 Cent die das Discounterprodukt günstiger war, aber wenn man dann mal auf die Inhaltsstoffe schaut merkt man schnell warum es günstiger ist.

Das Discounterprodukt kommt nicht ohne Chemie aus in den Zusatzstoffen! Für 50 Cent mehr bekommt man ein “reines” Produkt, nämlich Kokosmilch die lediglich aus Kokosnussextrakt und Wasser besteht. Der Körper wird es dir danken…

Typische Häuser in guardavalle superiore

Eigentlich möchte ich hier aber etwas anderes erzählen, was allerdings irgendwie auch im Zusammenhang mit vorher geschriebenen steht…irgendwie. Ich kündigte die Tage auch auf Twitter an das ich zu dem Thema Lebensmittel, Qualität und Wertschätzung etwas schreiben werde. Etwas aus der Vergangenheit, aus einem anderen Land. Einen Land in dem die Menschen irgendwie besser verstehen worum es eigentlich geht.
Es hat nichts mit Politik zu tun, oder doch wenn man es ganz genau nimmt, ist essen doch auch Politik.

Ich gehe mal gut 20 Jahre zurück, zurück in eine Zeit in der ich noch im Einzelhandel in einem italienischen Spezialitäten Geschäft gearbeitet hatte. Cheffe, seine Freundin, seine Schwester und seine Cousine arbeiteten auch dort. Wir waren alle auch befreundet und so ergab es sich das wir in den Sommerferien das Geschäft einen Monat geschlossen hatten und zusammen nach Italien gefahren sind, in die Heimat von il Cappo aka Cheffe. Seine Heimat ist Calabrien ganz im Süden kurz vor der Überfahrt nach Sizilien – die Reggio Calabria.
Wunderschön, denn damals gab es dort noch null Tourismus. Wirklich absolut kein Hotel oder Pension in den Orten in denen ich war. Herrlich. Ursprüngliches italienisches Leben war angesagt, was schon einmal vorweggenommen, nicht das schlechteste ist.

Blick aus unserem Haus

So fuhren wir alle nach Guardavalle, welches es gleich zwei mal gibt. Zum einen Guardavalle Marino was am Meer liegt und Guardavalle Superiore welches im Landesinneren, in den Bergen liegt ca. 10 Kilometer vom Meer weg. Superiore hatten wir uns für einen Monat ein Haus für 100 D-Mark gemietet.
Eines von drei Häusern im Ort welches eine elektrische Wasserpumpe besaß. Doch die nutze uns nicht wirklich viel, war das Wasser in diesem Sommer millenovecentonovantatre doch sehr rah und die Umgebung entsprechend trocken. Es gab nur Wasser jeweils von 6-8Uhr und von 18-20Uhr. Da konnten wir dann auch den Luxus der elektrischen Wasserpumpe nutzen, aber eigentlich war es uns nach ein zwei Tagen auch egal.

Zu Essen sollten wir jeden Tag zur Nonna kommen, der Mutter von Cheffe. Mit dabei war auch immer Nonno(der Vater), die ein oder andere Schwester oder Bruder sowie ab und zu auch Cousinen und Tanten oder Onkels. Die Nonna ein herzensguter Mensch gepackt in eine Körpergröße von gerade einmal 1,45 Metern aber ein Herz so unmessbar groß. Arme Menschen im Bezug auf Geld und Wohlstand. Eigentlich für uns aus der Mitte von Europa kommend erst nicht vorstellbar, ist doch Italien auch Europa.

Allerdings ein anderes Europa, ein Europa weit weg vom gewohnten Wohlstand. Der arme Süden Italiens. Wie dem auch sei, die Menschen dort leben so wie wir jeweils angepasst an die örtlichen Gegebenheiten. Wir lebten ebenfalls für einen Monat so wie die Menschen aus dem Ort in dem wir waren. Am Ende waren wir sehr dankbar für diese Erfahrung und speziell ich habe sehr viel für mich mitgenommen. Dazu im Laufe mehr.

Guardavalle Marina

Zurück zum eigentlichen, wozu ich erst einmal unseren Tagesablauf grob beschreibe. Morgens irgendwann aufstehen denn wir hatten ja Urlaub. Was zum Frühstücken besorgen, was wir meist im Ort am Meer gemacht hatten in einer kleinen Bar unweit vom Strand entfernt. Dort gab es lecker Espresso und ein Cornetto für ca. 2000 Lire was ungefähr zu der Zeit 2 D-Mark gewesen waren. Dann ab zum Strand ein wenig das glasklare Wasser genießen und in der Sonne liegen. Um die Mittagszeit gegen 12 oder 13 Uhr ab zurück a casa in den Ort wo unser gemietet Haus steht. Aber es ging nicht etwas in unser Haus, nein denn Nonna bestand darauf das wir bei ihr zu Mittag essen und das jeden Tag unseres Aufenthalts dort. Wir sind junge Leute und wir brauchen die Energie meinte sie nur knapp.

Es gab oft als prima piato einen “kleinen” Teller Nudeln oder eine Minestrone. Danach folgte dann meist eine Mahlzeit mit Fleisch und jetzt komme ich zum eigentlichen Grund für diesen Artikel. Klar gibt es in dem Landstrich in dem wir uns aufhielten auch Supermärkte in die man gehen könnte, ABER Nonna ist sehr auf Qualität statt Quantität bedacht. So ergab es sich, das wir ein ganzes Huhn unter zwölf Personen aufgeteilt hatten. Das Huhn war super lecker, war es doch aus dem eigenen Bestand geopfert worden. Ein freilaufendes Huhn welches nicht mit Medikamenten zugedröhnt wurde und welches gutes Futter bekommen hatte. Dazu gab es selbsgebackenes Brot. Nicht irgendein Brot, ein Brot das auch mit viel Liebe und Bedacht auf gute Zutaten hergestellt wurde. Nicht etwa in einer Bäckerei, nein zu Hause im eigenen Ofen. Dort im Ofen wurde meist einmal im Monat so richtig gebacken, das heißt es wurden gleich 10-15 Brote gebacken und dann wenn sie abgekühlt waren in Baumwolltücher eingeschlagen um sie zu lagern. Diese Brote hielten dann 3-4 Wochen und schmeckten von Tag zu Tag besser. Schlecht wurden sie nicht, denn das Klima und die gute Behandlung des Brotes ließen es nicht verderben. Natürlich spielte auch die entsprechende Zutatenmischung eine Rolle.

Zurück zum Huhn, oder allgemein zum Fleisch. Es gab nie Fleisch im Überfluss im Hause der Nonna, denn sie ließ uns wissen, dass es nicht auf viel ankommt sondern auf gut. Lieber ein kleines gutes Stück Fleisch von guter Qualität, als ein großes Stück Fleisch von dem man nicht weiß wo es genau herkommt und was das Tier für die Produktion durchmachen musste. Eine Philosophie die sich bei den Leuten die wir im Laufe unseres Aufenthalts kennengelernt hatten Irgendwie manifestiert hat. Aus heutiger Sicht im Grunde der einzig wahre und vernünftige Weg mit Lebensmitteln umzugehen.

Egal was auf dem Esstisch stand, es wurde immer von irgendjemanden mit viel Herzblut hergestellt. Sei es die frisch gemachte Passata aus Tomaten die auf dem eigenen Acker gewachsenen waren, oder die Feigen, Wassermelonen und Zitronen die liebevoll im Garten großgezogen wurden. Vom Wein brauch ich gar nicht erst anfangen. Ein Stöffchen das in einfache Flächen gefüllt war ohne Etikett aber von einem Geschmack der seinesgleichen sucht. Wenn man mal einen Kelch zu viel Wein hatte brauchte man sich auch keine Sorgen um einen dicken Kopf am nächsten Tag machen. Einfacher guter Wein der seinen Weg nicht nach Deutschland finden wird, weil er zu gut ist und die Leute die ihn produziert haben lieber an die Einheimischen verkaufen oder tauschen.

Wir hatten es gut bei den Menschen tief unten im Süden von Italien. Herzensgute Menschen die es zwar oft nicht einfach haben, aber immer das Beste aus allem machen was ihnen widerfährt. Dort habe ich viel für mich mitgenommen wovon ich heute sehr gut zerren kann. Am meisten von “penso positivo” dem positiven Denken und das man nicht immer alles haben muss um glücklich zu sein.

Ich schrieb das die Menschen recht arm waren. Natürlich wollten wir Geld da lassen was nicht einfach war, denn la Nonna wurde stinksauer als wir ihr unser Geld als Aufwandsentschädigung geben wollten. Sie war richtig beleidigt hat sie uns doch die ganze Zeit als ihre Gäste angesehen und Gäste Zahlen nicht, so ihre Rede. So versuchten wir das Geld bei ihr im Haus zu hinterlegen. Sie fand es und steckte es uns gerade wieder in unser Reisegepäck oder die Abschiedsgeschenke welche die Familie für uns gemacht hatten. Wir hatten keine Chance unser Geld loszuwerden bei ihr. Sie wurde richtig böse und meinte das wir nie wieder kommen dürfen wenn das dann immer so ein Theater wegen Geld ist. So steckten wir ihren Enkelkindern unsere Lire zu.

In Folge war ich noch zwei mal dort unten und es war jedes Mal ein traumhafter “Urlaub”.

 

Welcome to Retrograd

Letztes Jahr kündigte ich es schon mal auf Twitter an, dass ich da was mit alten analogen Bildern machen möchte. Dazu hatte ich in mein Baby/Kinderalbum geschaut was meine Eltern seinerzeit angelegt hatten. Dort fand ich dann Bilder die so Retro sind das sie gut nach Retrograd passen.

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Das waren noch Zeiten, als man Schlaghosen trug und Shirts die irgendwie zu knapp waren. Ach nee das gibt es ja gerade heute auch wieder wenn man so in die Läden schaut und auf die Strassen.

Das Bild ist entstanden, wie man ließt, in München wo ich als ich klein wahr wohnte. Es war gerade Ostern(wie passend) und wir waren in einem Park um dort Ostereier zu suchen.

Demnächst folgen weitere “Retrograd” Bilder in unregelmäßiger Folge…